FAQ - Digital Services Act
Was besagt die Meldeverpflichtung nach Artikel 18 Digital Services Act?
Artikel 18 – Meldung des Verdachts auf Straftaten
- Erhält ein Hostingdiensteanbieter Kenntnis von Informationen, die den Verdacht begründen, dass eine Straftat, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person oder von Personen darstellt, begangen wurde, begangen wird oder begangen werden könnte, so teilt er seinen Verdacht unverzüglich den Strafverfolgungs- oder Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats oder der betreffenden Mitgliedstaaten mit und stellt alle vorliegenden einschlägigen Informationen zur Verfügung.
- Kann der Hostingdiensteanbieter den betreffenden Mitgliedstaat nicht mit hinreichender Gewissheit ermitteln, so unterrichtet er die Strafverfolgungsbehörden des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, oder Europol oder beide Stellen.
Wer ist zu Meldungen von Straftaten gem. Artikel 18 Digital Services Act verpflichtet?
Seit dem 25.08.2023 sind die durch die EU-Kommission benannten sehr großen Online-Plattformen (Very Large Online Platforms – VLOP) sowie sehr großen Online-Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines – VLOSE) gesetzlich verpflichtet, bei Verdacht auf Straftaten im Sinne des Art. 18 DSA diese den Strafverfolgungs- und/oder Justizbehörden zu melden. Seit 17.02.2024 gilt diese Verpflichtung auch für alle Hostingdiensteanbieter (HDA) im Sinne des Art. 18 DSA, unabhängig von deren Größe.
Um im Einzelfall prüfen zu können, ob eine mögliche Verpflichtung nach DSA/DDG besteht, wenden Sie sich bitte an den Koordinator für digitale Dienste. Gemäß DSA ist der nationale Koordinator für digitale Dienste (DSC) zuständig für die Überwachung und Durchsetzung des DSA in dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat, sowie für die Koordinierung der Angelegenheiten auf nationaler -und EU-Ebene. Gemäß dem nationalen Durchführungsgesetz, dem Digitale Dienste Gesetz (DDG) obliegt die Zuständigkeit in Deutschland dem bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) ansässigen, unabhängigen nationalen Koordinator für digitale Dienste (DSC).
Um welche Art von Straftaten geht es?
Dem Wortlaut von Art. 18 Abs. 1 DSA gemäß sind Straftaten meldepflichtig, „die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person oder von Personen darstellt“. Der DSA gibt keinen Katalog meldepflichtiger Straftaten. Erwägungsgrund 56 des DSA verweist beispielhaft auf Straftaten gemäß der Richtlinie 2011/36/EU – Menschenhandel, der Richtlinie 2011/93/EU - sexueller Missbrauch und sexuelle Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie der Richtlinie (EU) 2017/541 – Terrorismus
Die Einschätzung und Verantwortung der Bewertung, ob eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person oder von Personen vorliegt, muss aufgrund des Inhalts im jeweiligen Einzelfall getroffen werden und obliegt daher zunächst dem meldepflichtigen Anbieter.
Im Meldeportal des BKA stehen Ihnen zwecks Einordnung des Sachverhaltes ihrer Meldung 5 definierte Phänomenbereiche zur Auswahl. Diese sind wie folgt :
- Terrorismus
- Hasskriminalität einschl. Hassrede
- Sexualdelikt zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen
- Menschenhandel
- Gewalt
Zu beachten ist, dass die oben benannten Phänomenbereiche keine abschließende Benennung im Sinne einer strafrechtlichen Relevanz nach dem DSA darstellen. Kann keine genaue Einordnung des Sachverhaltes in die oben genannten Phänomenbereiche vorgenommen werden oder bestehen Unsicherheiten, bitten wir um Auswahl des Feldes „Sonstiges“.
Hinweis: Suizidankündigungen bzw. Suizide stellen nach deutschem Recht keine Straftaten dar und fallen somit – zumindest sofern Deutschland betroffen ist – nicht unter die Meldeverpflichtung gemäß Art. 18 DSA. Dennoch können Suizide über das Meldeportal an das BKA gemeldet werden. Wir bitten den Phänomenbereich „Sonstiges“ auszuwählen.
Wie kann ich melden?
Zur Übermittlung von Verdachtsmeldungen gemäß Artikel 18 DSA bietet das BKA die folgenden Möglichkeiten an:
- Deutsches Portal für Art. 18 DSA Meldungen (erreichbar unter https://u-entrance@bka.de)
Hinweis: Das BKA bietet kein allgemeines Meldeportal an. Bürgerinnen und Bürger sowie nicht von Art. 18 DSA umfasste Organisationen können strafrechtlich relevante Inhalte mit Internetbezug an die örtlichen Polizeibehörden, andere Organisationen im Einsatz für ein sicheres Internet oder auch der jeweils örtlich zuständigen Onlinewache melden:
https://www.bka.de/DE/KontaktAufnehmen_neu/Strafanzeige/strafanzeige_node.html
Gibt es Pflichtinhalte, die an das BKA gemeldet werden müssen?
Art. 18 DSA verpflichtet zu der Zurverfügungstellung „alle(r) vorliegenden einschlägigen Informationen“ an die Strafverfolgungs- oder Justizbehörden. Im Erwägungsgrund 56 der DSA-VO heißt es hierzu:
„Der Anbieter von Hostingdiensten sollte alle einschlägigen ihm verfügbaren Informationen bereitstellen, gegebenenfalls auch die jeweiligen Inhalte und, sofern verfügbar, den Zeitpunkt, zu dem die Inhalte veröffentlicht wurden, einschließlich der benannten Zeitzone, einer Erläuterung seines Verdachts und der Informationen, die erforderlich sind, um den betreffenden Nutzer ausfindig zu machen und zu identifizieren.“
Hieraus abgeleitet bittet des BKA zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung von Meldungen um Bereitstellung folgender (Mindest-) Angaben:
- Strafrechtlich relevanter Sachverhalt, inkl. Zeitpunkt der Veröffentlichung
- Nutzername/User ID/Account ID inkl. hinterlegte Nutzerinformationen
- falls vorhanden IP-Adresse
- Interne Vorgangsnummer der meldenden Stelle (für Rückfragen)
Wissenswertes zur Übermittlung von Beweismitteln an deutsche Strafverfolgungsbehörden in Fällen von Kinder- und Jugendpornografie
Die Übermittlung von Beweismitteln (z.B. Bild- und Videodateien) an deutsche Strafverfolgungsbehörden durch einen verpflichteten Hostingdiensteanbieter stellen auch bei Sachverhalten von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen gemäß § 184b StGB bzw. 184c StGB, keine strafbare Handlung dar. Es greift hier der Tatbestandsausschluss gemäß § 184b Abs.5 StGB bzw. §184c Abs. 6 StGB.
Wie ist das Verhältnis zur Meldeverpflichtung nach NCMEC
Verschiedene HDA unterliegen der US-gesetzlichen Meldeverpflichtung strafbarer Inhalte an das NCMEC (National Center for Missing & Exploited Children) oder tun dies auf freiwilliger Basis. Gleichzeitig können sie im Geltungsbereich des DSA der entsprechenden Meldeverpflichtung gem. Art. 18 DSA unterliegen. In diesem Fall ist es ausreichend, die entsprechende NCMEC-Reportnummer bei der DSA-Meldung an das BKA anzugeben. Danach entfällt die Eingabe/Meldung weiterer Informationen, um Doppelmeldungen zu vermeiden.
Sofern der jeweilige HDA allein der Meldepflicht gem. Art. 18 DSA unterliegt, er folglich keine NCMEC-Meldung getätigt hat, sind die erforderlichen Angaben zum Sachverhalt zu machen und etwaige digitale Beweismittel hinzuzufügen. Hier sollte als Phänomenbereich „Sexualdelikt zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ angegeben werden.
Generelle Informationen zum Phänomenbereich Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen erhalten Sie unter der Website:
https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/Kinderpornografie/kinderpornografie.html
Wie ist das Verhältnis zur Meldeverpflichtung gemäß TCO-Verordnung
Liegt eine Meldeverpflichtung gemäß Art. 14 (5) Terrorist Content Online–Verordnung (TCO-VO) an das BKA vor, ist in diesem Fall eine zusätzliche Meldung gemäß DSA-Verordnung entbehrlich.
Weitergehende Informationen erhalten Sie hierzu unter der Website :
https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/TCO-VO/TCO-VO.html