Was ist eine Fahndung bzw. Öffentlichkeitsfahndung?
Fahndung meint die allgemeine oder gezielte Suche nach Personen oder Sachen im Rahmen der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr. Ziel ist es, fahndungsrelevante Erkenntnisse über Täter, Tathergang, Zeugen, Geschädigte, etc. zu erlangen. Diese Erkenntnisse gewinnt die Polizei u.a. durch Hinweise aus der Bevölkerung oder durch polizeiliche Auswertungsergebnisse.
Bei der Öffentlichkeitsfahndung bitten Polizei und Staatsanwaltschaft um Unterstützung durch die Bevölkerung bei der Suche nach Personen oder Sachen. Gesucht werden meistens Personen. Dabei handelt es sich vorwiegend um Straftäter, außerdem kann nach Zeugen oder vermissten Personen gefahndet werden. Darüber hinaus kann die Bevölkerung zur Mithilfe bei der Identifizierung von unbekannten Toten gebeten werden. Aber auch Gegenstände können mit Hilfe einer Öffentlichkeitsfahndung gesucht werden, etwa wenn sie als Beweismittel in einem Strafverfahren von Bedeutung sind.
Die Öffentlichkeitsfahndung beginnt mit der Veröffentlichung eines Fahndungsaufrufs. Darin wird die Bevölkerung um Mithilfe (z.B. Abgabe von Hinweisen) gebeten. Hier verfolgt die Polizei einen medienübergreifenden Ansatz, der sowohl klassische Medien, wie Printmedien, Radio und Fernsehen, als auch digitale Plattformen wie beispielsweise Social Media (Twitter, Facebook und Instagram), digitale Informationsanlagen der Firmen STRÖER und CITTADINO, berücksichtigt.
Die Öffentlichkeitsfahndung kann zum Zweck der Strafverfolgung/-vollstreckung oder zur Gefahrenabwehr erfolgen. Bei der Fahndung zur Strafverfolgung/-vollstreckung steht die Suche nach Tatverdächtigen und Zeugen im Vordergrund. Bei der Fahndung zur Gefahrenabwehr ist es meist das Ziel, vermisste, hilflose oder suizidgefährdete Personen zu suchen oder Personen zu finden, die eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen. “Daneben kann auch die Identifizierung von unbekannten Toten mit Hilfe einer Öffentlichkeitsfahndung erfolgen“.
Wann besteht ein Verdacht?
Ein (Anfangs-) Verdacht besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Eine bloße Vermutung reicht nicht aus.
Beachten Sie bitte, dass Sie sich bei bewusst falschen Angaben strafbar machen können.
Weiterhin weisen wir darauf hin, dass Ihrer Nachricht bzw. Ihren Hinweisen polizeiliche Maßnahmen folgen könnten.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Öffentlichkeitsfahndung (bzw. Fahndung in Social Media) vorliegen
Bei einer Öffentlichkeitsfahndung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das bedeutet, dass in jedem Einzelfall eine sorgfältige Abwägung zwischen
- dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung oder der Erfüllung anderer öffentlicher Aufgaben und
- den schutzwürdigen Interessen des/der Gesuchten oder sonstiger Betroffener erfolgt.
Die Öffentlichkeitsfahndung zur Strafverfolgung/-vollstreckung richtet sich nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung (§§ 131 ff. StPO) und umfasst die Suche nach Beschuldigten und Zeugen. Sie setzt grundsätzlich einen richterlichen Beschluss oder eine staatsanwaltschaftliche Anordnung voraus. Für eine solche Fahndung muss eine Straftat von erheblicher Bedeutung vorliegen. Dazu zählen z. B. Mord, terroristische Anschläge, sexueller Missbrauch oder Raub. Zudem müssen andere Formen der Aufenthaltsermittlung erheblich weniger Erfolg versprechen oder wesentlich erschwert sein.
Die Öffentlichkeitsfahndung aus Gründen der Gefahrenabwehr, insbesondere die Suche nach Vermissten und die Identifizierung von unbekannten Toten, richtet sich nach den jeweiligen Polizeigesetzen der Länder und obliegt der Polizei, die in diesen Fällen auch keinen richterlichen Beschluss benötigt, da der Schutz von Leib und Leben Vermisster oder das Allgemeinwohl im Vordergrund stehen.
Wieso wird die Fahndung nicht schon früher (bzw. bei bekanntwerden der Straftat) direkt eingeleitet?
Jede Art von Fahndung greift in die Grundrechte der Betroffenen (Tatverdächtige/Opfer/Zeugen) ein. An die Öffentlichkeitsfahndung werden besonders hohe Maßstäbe angelegt. Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen vor der Einleitung einer Öffentlichkeitsfahndung daher zunächst Maßnahmen, die weniger in die Rechte der Betroffenen eingreifen. Bei jeder Straftat prüfen die Strafverfolgungsbehörden also, welche Maßnahmen und Mittel rechtlich zulässig und wie sinnvoll diese sind. Versprechen bestimmte Instrumente keinen Erfolg bzw. würden sie diesen erschweren oder verzögern, können Polizei und Staatsanwaltschaft auch schneller an die Öffentlichkeit gehen. Eine Öffentlichkeitsfahndung kann daher, abhängig natürlich vom Einzelfall, auch unmittelbar nach Bekanntwerden einer begangenen Straftat eingeleitet werden.
Welche Schritte unternimmt die Polizei meist vor einer Öffentlichkeitsfahndung?
Staatsanwaltschaft und Polizei sind verpflichtet, vor der Einleitung der Öffentlichkeitsfahndung zunächst mildere Mittel (Maßnahmen, die weniger in die Rechte der Betroffenen eingreifen) zu prüfen und gegebenenfalls anzuwenden, um unbekannte Tatverdächtige oder Zeugen und Zeuginnen zu identifizieren oder zu lokalisieren. Da sie stark in die Persönlichkeitsrechte der Gesuchten eingreift, ist sie selten der erste Schritt. Erste Maßnahmen sind beispielsweise die Auswertung vorhandener Spuren, Zeugenbefragungen, polizeiliche Ermittlungen oder Fahndungen in den polizeilichen Informationssystemen. Auch die auf eine bestimmte Personengruppe begrenzte Öffentlichkeitsfahndung geht, sofern sie in der konkreten Fallkonstellation erfolgversprechend ist, einer allgemeinen Öffentlichkeitsfahndung voraus. Erst wenn diese Maßnahmen erfolglos bleiben oder absehbar keinen Erfolg versprechen, wendet sich die Polizei an die allgemeine Öffentlichkeit. Die polizeilichen Maßnahmen orientieren sich dabei am geltenden Rechtsrahmen und unterliegen dem strengen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Wieso wird die Fahndung in sozialen Medien (nach wenigen Tagen) gelöscht?
Fahndungsaufrufe zum Beispiel über Facebook und Twitter sind ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und erzielen in der Regel nur wenige Tage die Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Daher beendet die Polizei ihre Öffentlichkeitsfahndungen dort meist nach kurzer Zeit. Auf der BKA-Webseite bleibt die Öffentlichkeitsfahndung grundsätzlich bis zur rechtlich vorgesehenen Löschung bestehen.
Generell müssen Öffentlichkeitsfahndungen in Social Media unverzüglich beendet werden, sobald das Fahndungsziel erreicht ist oder die Fahndung aus sonstigen Gründen beendet wird. Die Polizei prüft im Laufe einer Fahndung kontinuierlich, ob die Ausschreibungsvoraussetzungen, insbesondere in Social Media, noch gegeben sind.
Warum zeigen wir bei der erfolgreichen Fahndung den ermittelten Tatverdächtigen nicht?
Die Veröffentlichung von Lichtbildern ist nur für den Fahndungszeitraum erlaubt. Nach Erreichung des Fahndungsziels gelten die Grundrechte wieder voll umfänglich für den Tatverdächtigen, somit auch das Recht auf das eigene Bild.
Besonderheiten bei Fahndungen im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Kindern
Vor der Einleitung einer Öffentlichkeitsfahndung prüft die Polizei mögliche Maßnahmen, um die Identifizierung und Lokalisierung Tatverdächtiger schneller erfolgreich abzuschließen und den Missbrauch zu beenden.
Mögliche Maßnahmen sind beispielsweise der polizeiliche Informationsaustausch mit in- und ausländischen Polizeidienststellen oder die Einleitung einer begrenzten Öffentlichkeitsfahndung unter Personen, die beruflich viel mit Kindern arbeiten. Ein Beispiel ist die „Schulfahndung“, bei welcher Lehrerinnen und Lehrer gebeten werden, die (überarbeiteten) Fotos durchzusehen, ob sie ein Kind aus dem Unterricht wiedererkennen.
Darüber hinaus werden sichergestellte Aufnahmen (Bilder, Videos) vom sexuellen Missbrauch eines Kindes oder eines Jugendlichen auch mit bereits bekannten Aufnahmen aus früheren Ermittlungsverfahren verglichen.
Welche Besonderheiten sind bei Fahndungen im Zusammenhang mit Sexualdelikten zu beachten?
Die Polizei veröffentlicht in Absprache und mit Genehmigung der Staatsanwaltschaft nur solche Bildausschnitte, die für die Identifizierung der Tatverdächtigen oder Opfer unbedingt nötig sind. Damit wird insbesondere die Würde der Opfer geschützt, es werden aber auch die Bürgerinnen und Bürger, deren Hilfe bei der Öffentlichkeitsfahndung erbeten wird, vor der Beeinflussung durch möglicherweise verstörendes Bildmaterial bewahrt.