Die Staatsanwaltschaft Berlin und das Bundeskriminalamt (BKA) sind heute wegen des Verdachts von Verbrechen nach dem Betäubungsmittelgesetz mit Verhaftungen und Durchsuchungen gegen eine Gruppe von Tatverdächtigen aus dem Raum Berlin vorgegangen. An der international konzertierten Aktion waren neben Strafverfolgungsbehörden in Berlin und Dortmund auch Ermittlungsdienststellen in Lettland und Spanien beteiligt.
Der Ermittlungskomplex, unter anderem wegen bandenmäßigen Kokainhandels und wegen Geldwäsche, richtet sich gegen mehrere mutmaßliche „Logistiker“ des Kokainverkehrs zwischen Lateinamerika und Europa und zwei mutmaßliche kolumbianische Lieferanten. Insgesamt sind 28 Tatverdächtige im Alter zwischen 22 und 62 Jahren beschuldigt. Neben den überwiegend deutschen Tatverdächtigen sollen türkische, griechische, irakische, georgische, ukrainische, lettische und kolumbianische Staatsangehörige beteiligt gewesen sein. Die Einsatzkräfte haben heute mehr als 40 Objekte im In- und Ausland durchsucht und 14 Haftbefehle vollstreckt. Den strafprozessualen Zwangsmaßnahmen liegen unter anderem Erkenntnisse aus Rechtshilfekontakten zu Strafverfolgungsbehörden in Frankreich, den Niederlanden, Lettland und Spanien und aus mehr als 120 gerichtlich angeordneten verdeckten Ermittlungsmaßnahmen (u.a. TKÜ, Observation) zugrunde. Acht Vermögensarreste in Höhe von insgesamt 14.446.203.- Euro werden bei acht Beschuldigten vollstreckt.
An den heutigen Maßnahmen waren unter Leitung des Bundeskriminalamtes mehr als 220 Polizistinnen und Polizisten des BKA, des Landeskriminalamtes Berlin, der Polizei Dortmund sowie Spezialkräfte der Bundespolizei beteiligt.
Die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin gehen auf eine Sicherstellung von 690 Kilogramm Kokain in einem Seeschiffscontainer zurück. Das Kokain war im November 2018 im Hafen von Santos/Brasilien von den dortigen Strafverfolgungsbehörden sichergestellt worden, adressiert an eine Firma in Berlin. Die darauffolgenden Ermittlungen des BKA deckten eine hochprofessionell agierende und weitverzweigte Täterstruktur auf, die sich mindestens seit dem Jahr 2011 zusammengeschlossen haben soll, um über in Deutschland installierte Scheinfirmen Kokain nach Deutschland zu schmuggeln. Dabei sollen die Beschuldigten die komplette für den Rauschgifttransport benötigte Logistik bereitgestellt haben. Hierzu sollen sie sich einer Vielzahl von Falschpersonalien bedient haben, die lange Zeit eine Entdeckung ihrer wahren Identitäten nahezu unmöglich machte.
Nach der Sicherstellung des Drogenfunds im Jahr 2018 tauchte die Gruppe zunächst ab. Allerdings ergaben die weiteren Ermittlungen den Verdacht, dass die Tatverdächtigen verschiedene neue Transportwege über Kolumbien, Panama und Mexiko nach Europa mit dem Ziel aufbauten, um neue Routen für illegale Kokaintransporte zu etablieren. Das Vorhaben der Gruppierung soll den Ermittlungsergebnissen zufolge darauf ausgerichtet gewesen sein, Großlieferungen von mehreren Tonnen Kokain durchzuführen.
Der Kokainschmuggel soll konspirativ über ein Geflecht von Scheinfirmen abgewickelt und verschleiert worden sein.
Um neben dem Kokainhandel weitere Finanzmittel zu erlangen, sollen die Beschuldigten ihre Scheinfirmen auch zur betrügerischen Erlangung von Corona-Subventionen genutzt haben. Über mehrere Jahre wurden über dieses Firmengeflecht zudem die illegal erlangten Gelder gewaschen, unter anderem sollen ein ehemaligen MfS-Offizier und die Niederlassung eines Kölner Versicherungskonzerns in Berlin-Kreuzberg beteiligt gewesen sein.
Die heute vollstreckten Haftbefehle führten zur Zerschlagung einer seit mehr als einem Jahrzehnt unentdeckt gebliebenen international operierenden Gruppierung mutmaßlicher Kokainhändler. Den Beschuldigten wird unter anderem vorgeworfen, an insgesamt neun Kokainlieferungen mit einem Umfang von knapp fünf Tonnen Kokain beteiligt gewesen zu sein. Zudem konnten die potentiellen Kokainabnehmer in Berlin identifiziert werden.
Der verantwortliche Oberstaatsanwalt Georg Bauer, Hauptabteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft Berlin:
„Wir sind heute mit einer Vielzahl von Haftbefehlen, Durchsuchungen und Arrestbeschlüssen gegen eine international agierende Bande mutmaßlicher Rauschgifthändler vorgegangen, die dringend verdächtig ist, mit ihrer über fast ein Jahrzehnt aufgebauten Logistik, darunter einer Vielzahl von Scheinfirmen, den Kokainhandel zwischen Mittel- und Südamerika und Deutschland organisiert zu haben. Wir sprechen insgesamt über Mengen im Tonnenbereich.
Mit den Haftbefehlen und Durchsuchungen haben wir heute die Lieferkette durchbrochen.
“
Martina Link, Vizepräsidentin beim Bundeskriminalamt:
„Eine derart umfangreiche Aufklärung einer international agierenden Tätergruppierung ist ein herausragender Erfolg und das Ergebnis intensiver Ermittlungen. Bereits bei der Auswertung der Daten von Kryptohandys, darunter EncroChat und Sky ECC, wurde in diesem Jahr deutlich, wie stark sich die hochprofessionell operierende Organisierte Rauschgiftkriminalität inzwischen auch in Deutschland festgesetzt hat. Dagegen werden wir weiterhin vorgehen und künftig einen noch stärkeren Fokus auf die Bekämpfung dieser Kriminalität legen.“