Was versteht man unter „Geldautomatensprengungen“?
Geldautomaten sind wegen der darin enthaltenen Bargeldbeträge immer wieder Ziel von physischen Angriffen durch Straftäter. Neben technischen Geräten wie Schneidbrennern, Winkelschleifern, hydraulische Spreizern oder Hebelwerkzeugen setzen die Täter dabei auch Gasgemische und Explosivstoffe ein, um die Geldautomaten aufzusprengen. Während in der Vergangenheit zur Sprengung überwiegend Gasgemische genutzt wurden, die in den Automaten eingeleitet und gezündet werden, verwenden die Täter mittlerweile überwiegend feste Explosivstoffe (z. B. Blitzknallsätze, Selbstlaborate).
Auf diese Weise werden zumeist Geldautomaten an abgelegenen Orten und zu Zeiten angegriffen, zu denen in der Regel kein oder nur geringer Kundenbetrieb herrscht. Dennoch gefährden diese Taten auch Leib und Leben von Anwohnern/-innen und Passanten/-innen: Zum einen können die von Trümmerteilen und Splittern ausgehenden Gefahren von den Tätern nicht eingeschätzt werden. Zum anderen legen die Täter oftmals ein rücksichtsloses Fluchtverhalten an den Tag. Hierbei nutzen sie in der Regel hochmotorisierte Fahrzeuge und können Dritte und Einsatzkräfte der Polizei erheblich gefährden.
Derartige Angriffe auf Geldautomaten erfüllen in der Regel den Tatbestand des § 308 StGB (Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion) in Tateinheit mit § 243 StGB (Besonders schwerer Fall des Diebstahls).
Wie stellt sich die aktuelle Lage bei Geldautomatensprengungen dar?
Über die vergangenen fünf Jahre gesehen waren in Deutschland tendenziell steigende Fallzahlen in diesem Phänomenbereich festzustellen. 2021 ging die Zahl der registrierten Geldautomatensprengungen zwar leicht um rund 5% auf 392 zurück, dies war dennoch der zweithöchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung durch das BKA im Jahr 2005. Der Höchststand von 414 Geldautomatensprengungen wurde 2020 verzeichnet.
In 250 dieser Fälle verwendeten die Täter 2021 feste Explosivstoffe – ein signifikanter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (2020: 111).
2021 registrierte das BKA 124 Tatverdächtige (2020: 168). Entsprechend der Jahre zuvor handelte es sich in der Mehrzahl um niederländische Staatsangehörige (Anteil: 50,8%). Hier ist von einem Verdrängungseffekt auszugehen, da in den Niederlanden in den vergangenen Jahren sowohl der Strafverfolgungsdruck wie auch Präventionsmaßnahmen im Hinblick auf dieses Kriminalitätsphänomen intensiviert wurden.
Dies spiegelt sich auch darin wider, dass bei der räumlichen Verteilung von Geldautomatensprengungen starke regionale Unterschiede festzustellen sind. Die Schwerpunkte liegen nach wie vor in den Bundesländern in räumlicher Nähe zu den Niederlanden, insbesondere Nordrhein-Westfalen. Dennoch handelt es sich um ein bundesweites Phänomen – so waren 2021 beispielsweise in Hessen und Berlin steigende Fallzahlen zu verzeichnen.
Weitere Informationen können den jährlichen Bundeslagebildern Angriffe auf Geldautomaten entnommen werden.
Aufgaben des Bundeskriminalamts (BKA) bei der Bekämpfung von Geldautomatensprengung
Die Bekämpfung des Kriminalitätsphänomens „Angriffe auf Geldautomaten“ und somit auch von Geldautomatensprengungen fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Landespolizeien. Da es sich jedoch um ein bundesweit relevantes Phänomen handelt, erhebt die Abteilung Schwere und Organisierte Kriminalität (SO) des Bundeskriminalamts im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion nach § 2 BKAG u.a. auch zu diesem Kriminalitätsbereich Informationen und wertet diese aus. In Einzelfällen von besonderer Bedeutung führt das BKA eigene Ermittlungen und beteiligt sich zudem an nationalen und internationalen Gremien zu diesem Phänomenbereich, erstellt Statistiken und Lagebilder und berät zu rechtspolitischen Fragen.
Am 8. November 2022 hat das Bundesministerium des Inneren und für Heimat sowie das BKA mit Vertretern der deutschen Finanzwirtschaft eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die zum Ziel hat, konzertiert Angriffe auf Geldautomaten wirkungsvoll zu bekämpfen und präventive Maßnahmen in den Vordergrund zu rücken. Hierfür richtete das BMI erstmalig einen „Runden Tisch“ zum Thema Geldautomatensprengungen aus, der auf eine Initiative des BKA zurückgeht.