Bundeskriminalamt (BKA)

Was macht das BKA bei der Bekämpfung des Menschenhandels?

Das Bundeskriminalamt ist grundsätzlich in diesem Phänomenbereich im Rahmen der Zentralstellentätigkeit zuständig.

Um Menschenhandel und Ausbeutung effektiv bekämpfen zu können, widmet sich das BKA unter anderem dem Projekt THB LIBERI zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung zum Nachteil von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden in Deutschland und Europa.

THB LIBERI

Ziel dieses ISF-geförderten Projektes ist es, die Ausbeutung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden institutionsübergreifend und im Wege einer engen nationalen und internationalen operativ ausgerichteten Zusammenarbeit möglichst nachhaltig zu bekämpfen. Seit 2018 betreibt das Bundeskriminalamt gemeinsam mit acht Partnerdienststellen aus Augsburg, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Krefeld, Leipzig und dem Bundeskriminalamt in Wien das Projekt THB Liberi.

THB Liberi als Expertenplattform

Ein Teil des Projekts THB Liberi sind die Maßnahmen zur Erleichterung bei der Durchführung von Ermittlungsverfahren im Phänomenbereich Menschenhandel zum Nachteil von Minderjährigen, Jugendlichen und Heranwachsenden. Besonders hervorzuheben ist der multidisziplinäre Ansatz des Projekts, der alle relevanten Akteure zusammenbringt. THB Liberi ist mittlerweile zur Plattform für Expertinnen und Experten im Bereich der Bekämpfung des Menschenhandels geworden und ist national und international als Best Practice bekannt.

In THB LIBERI werden die Ergebnisse von Expertinnen und Experten gebündelt und in die Öffentlichkeit getragen. Mit den Ergebnissen werden gleichzeitig potenzielle Opfer besser erkannt und geschützt sowie Strafverfolgung ermöglicht und erleichtert.

Menschenhandel und Ausbeutung

Betrachtet werden neben der sexuellen Ausbeutung und der Ausbeutung der Arbeitskraft auch die Ausbeutung bei Ausübung der Bettelei, die Ausbeutung bei der Ausübung von mit Strafe bedrohten Handlungen sowie der Handel zum Zweck der rechtswidrigen Organentnahme.

Das Projekt widmet sich explizit Minderjährigen und Heranwachsenden (bis 21 Jahre). Einerseits, da es sich bei diesen Personen um eine sehr vulnerable Gruppe handelt und andererseits, da es für die Erfüllung des Menschenhandels gem. § 232 StGB bei der Gruppe der Personen unter 21 Jahren nicht das Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung der persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder auslandsspezifischen Hilflosigkeit braucht. Hier wird schon aufgrund des jungen Lebensalters eine Einschränkung der Entscheidungsfreiheit angenommen.

 

 

Schwerpunkte THB LIBERI

Menschenhandel 2.0

Das Themenfeld umfasst die Rekrutierung von Opfern über das Internet, die Werbung/Freierakquise durch Anzeigen im Internet für die Prostitutionsausübung und dabei die Opferidentifizierung, die Rolle des Darknet bei der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen, Ermittlungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten der Prävention über das Internet.

In dem großen Feld der Straftaten mittels Internet, fokussierte sich das Projekt vor allem auf die Bekämpfung der Rekrutierung und des Anbietens von Opfern über das Internet. THB Liberi konnte durch innovative Lösungen einen erheblichen Mehrwert zur Bekämpfung von Menschenhandelsdelikten mit Tatmittel Internet beitragen.

Ausbeutung durch familiäre Strukturen

Neben den neuen Straftatbeständen Ausbeutung bei der Bettelei und Ausbeutung bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen umfasst dieses Themenfeld auch Zwangs- und Kinderehen im Zusammenhang mit Kinderhandel sowie die Zwangsprostitution männlicher Minderjähriger. Dabei werden sowohl die Behörden als auch die Öffentlichkeit zu den Themen Ausbeutung bei der Ausübung der Bettelei und bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen sensibilisiert. Hier wird beispielsweise der Fokus auf mögliche Ausbeutungssituationen als Hintergrund bei der Begehung von Eigentumskriminalität gelegt. Auch wird versucht deliktsübergreifende Bekämpfungsansätze mit Bezügen zur Eigentumskriminalität zu identifizieren und zu fördern.

Der Personalbeweis

Das bedeutendste Beweismittel bei allen Verfahren im Phänomenbereich ist ein Mensch mit subjektiven Interessen, Empfindungen und Charakterzügen. Dies macht Menschenhandelsermittlungen so herausfordernd und schwierig. Daher steigt die Bedeutung mehr ergänzende objektive Merkmale im Verfahren zu sichern und hier auch alle sich neu entwickelnden technischen Möglichkeiten auszunutzen. Besonders wichtig ist zudem die phänomenologische Schulung von Staatsanwältinnen und Staatanwälten sowie Richterinnen und Richtern. Aus diesem Grund ist auch die Justiz bei den Netzwerkworkshops des Projekts THB Liberi ein fester Teilnehmer.

Im Schwerpunkt Personalbeweis werden zudem innovative Lösungen zur Erstellung einer sicheren Umgebung für etwaige (Opfer-)Zeuginnen entwickelt. Daneben steht auch die Identifizierung von Ermittlungsmöglichkeiten zur Erhebung objektiver Beweise im Mittelpunkt.

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Prävention

Prävention „Loverboy

Bei der Loverboy-Methode werden weibliche Minderjährige und junge Frauen unter Vorspiegelung einer Liebesbeziehung in ein emotionales Abhängigkeitsverhältnis gebracht, um sie in der Folge an die Prostitution heranzuführen und auszubeuten.

Mit verschiedenen Kampagnen und Veröffentlichungen wurde hierzu bereits Aufklärungsarbeit geleistet. Dazu zählen u.a. das Loverboyvideo des BKA, Veröffentlichung im Polizeinewsletter sowie Kampagnen in NI und NW.

 

Präventionskampagne gegen Zwangsprostitution

Mit Unterstützung des Projekts THB Liberi wurde eine umfangreiche Präventionskampagne in Berlin durchgeführt.

Über den Zeitraum Juli bis September 2022 erstreckte sich die Präventionskampagne des Berliner LKA 42 zur Bekämpfung der Zwangsprostitution zum Nachteil minderjähriger rumänischer Jungen im Großen Tiergarten und in Schöneberg-Nord („Ballspielen statt Blow Job – Gemeinsam gegen Zwangsprostitution von Jungen“). Die Kampagne ging mit einer öffentlichkeitswirksamen Plakatierung und Informationsgesprächen einher mit dem Ziel, die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren und damit das Hinweis- und Anzeigeverhalten zu verbessern.

Prävention - European Crime Prevention Award

Erfolgreiche Präventionsarbeit beschränkt sich nicht nur auf Aufklärung über Straftaten. Das Ziel von Prävention ist es zusätzlich, die Re-Viktimisierung von Opfern zu verhindern, Tatgelegenheiten zu reduzieren, einer sekundären Viktimisierung durch das Umfeld des Opfers vorzubeugen und selbstverständlich eine frühzeitige Identifizierung von Opfern anzustreben.

Im Rahmen der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft wurde THB Liberi für Deutschland als herausragendes Projekt im Bereich der Prävention in Bezug zu vulnerablen Gruppen nominiert.

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