Zentrale Erkenntnisse
Quelle: BMI / Henning Schacht
Die Politisch motivierte Kriminalität (PMK) hat weiter eine große Bedeutung für die Sicherheitslage in Deutschland – und damit auch für die Kriminalitätsbekämpfung.
- Deutlich gesunken sind die Straftaten im Phänomenbereich „PMK -sonstige Zuordnung-“. Hier verzeichnet die Polizei eine Abnahme der Fallzahlen um 30,74 Prozent auf 16.678 Fälle.
- In allen anderen Phänomenbereichen der PMK (PMK-links, PMK-rechts-, PMK-ausländische Ideologie- und PMK-religiöse Ideologie-) sind die Fallzahlen angestiegen. So erklärt sich die höhere Gesamtfallzahl als 2022.
- Rechts motivierte Straftaten nahmen deutlich um 23,21 Prozent auf 28.945 Fälle zu. Damit machen diese Taten weiterhin knapp die Hälfte aller von der Polizei registrierten Fälle aus.
- Gestiegen sind insbesondere die Anzahl der Straftaten in den Phänomenbereichen „PMK -ausländische Ideologie-“, nämlich um 33,04 Prozent auf 5.170 Fälle, sowie „PMK -religiöse Ideologie-“. Hier vervierfachten sich Zahlen auf 1.458 Fälle.
- Hinsichtlich links motivierter Straftaten verzeichnet die Polizei eine Zunahme um 11,48 Prozent auf 7.777 Delikte.
An den Zahlen ist erkennbar, dass sich Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr stark verändert hat. Im Jahr 2022 standen viele Taten im Zusammenhang mit den sogenannten Corona-Protesten. Diese wurden größtenteils unter dem Phänomenbereich „PMK -sonstige Zuordnung-“ erfasst. Die Fallzahlen im Kontext der Corona-Pandemie haben stark abgenommen. Themen, die die Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2023 beeinflussten, waren unter anderem der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, insbesondere der Konflikt im Nahen Osten sowie auch der Klimaschutz.
Wie werden die Fallzahlen erhoben?
Straftaten, die aus einer politischen Motivation heraus begangen werden, werden im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) durch die zuständigen Landeskriminalämter an das Bundeskriminalamt übermittelt und in einer zentralen Fallzahlendatei erfasst. Auf Basis dieser Daten führt das BKA die bundesweite Statistik, die jährlich im Frühjahr des Folgejahres vorgestellt wird.
Welche Phänomenbereiche gibt es?
Bei der Politisch motivierten Kriminalität wird zwischen folgenden Phänomenbereichen unterschieden:
Kann der Sachverhalt keinem dieser vier Phänomenbereiche eindeutig zugeordnet werden, ist der Phänomenbereich PMK -sonstige Zuordnung- zu wählen.
Entwicklung nach Deliktsarten
Die Statistik unterscheidet zwischen Gewaltdelikten (zum Beispiel Tötungsdelikte, Körperverletzung oder Bandstiftung) und weiteren Delikten wie Volksverhetzung, Sachbeschädigungen oder Propagandadelikten. Insgesamt gibt es 18 Deliktskategorien.
Propagandadelikte, Sachbeschädigungen und Beleidigungen
Mit einem Anteil von 33,16 Prozent an den Gesamtfallzahlen stellten Propagandadelikte im Jahr 2023 phänomenübergreifend die am häufigsten registrierten Delikte der Politisch motivierten Kriminalität dar. 19.905 Taten und damit 21,82 Prozent mehr als im Jahr zuvor, wurden in diesem Deliktsbereich von der Polizei registriert. Im Phänomenbereich PMK -rechts- machten Propagandadelikte mit einem Anteil von 57,69 Prozent mehr als die Hälfte aller Straftaten aus.
Den zweitgrößten Anteil mit 15,5 Prozent bilden Sachbeschädigungen. Hier stieg die Fallzahl um 16,61 Prozent auf 9.304 Fälle. Im Phänomenbereich PMK -links- machten sie mit einem Anteil von 51,19 Prozent mehr als die Hälfte der Straftaten aus.
Bei 13,95 Prozent der gemeldeten Straftaten handelte es sich um Beleidigungen. Im Jahr 2023 erfasste die Polizei 8.376 Fälle von politisch motivierten Beleidigungen, eine Zunahme um 23,32 Prozent im Vergleich zum Jahr davor. Etwa die Hälfte der Beleidigungen entfielen auf den Phänomenbereich PMK -sonstige Zuordnung-. 2.770 Taten waren politisch rechts motiviert, damit machen sie mit einem Anteil von 33,07 Prozent die größte Menge der Beleidigungen aus.
Gewaltdelikte
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Gesamtzahl politisch motivierter Gewalttaten um 11,92 Prozent auf 3.561 Fälle gesunken. Dies ist auf den Rückgang der Gewaltdelikte im Phänomenbereich PMK - sonstige Zuordnung- zurückzuführen: Hier sank die Zahl der Gewaltdelikte um 50,62 Prozent. In allen anderen Phänomenbereichen ist die Anzahl der Gewaltdelikte im Jahr 2023 gestiegen. Die stärksten Anstiege verzeichnen die Phänomenbereichen PMK -ausländische Ideologie- und PMK -religiöse Ideologie-. So stieg im Phänomenbereich PMK ausländische Ideologie die Anzahl der Taten um 31,99 Prozent auf 491, für PMK religiöse Ideologie um 76,47 Prozent auf 90 Fälle. Betrachtet man die absoluten Zahlen, machen rechts motivierte Taten knapp die Hälfte aller politisch motivierten Gewalttaten aus. In diesem Phänomenbereich wurden 1.270 Taten erfasst, 8,55 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Aufklärungsquote
Die Aufklärungsquote politisch motivierter Straftaten hat leicht zugenommen und lag im Jahr 2023 bei 46,85 Prozent. Im Jahr 2022 hatte sie bei 41,84 Prozent gelegen. Bei den Gewalttaten bewegte sich die Aufklärungsquote mit 63,35 Prozent leicht unter der des Vorjahresniveaus (2022: 67,72 Prozent).
Themenfelder der PMK
Bei der Erhebung der Fallzahlen werden die Taten nicht nur bestimmten Phänomenbereichen und Deliktsbereichen, sondern auch Themenfeldern zugeordnet. Zudem werden weitere Daten erfasst, zum Beispiel die Angriffsziele oder die Tatmittel. Mehrfachnennungen sind dabei möglich, so dass sich ein umfassendes Bild der Politisch motivierten Kriminalität in Deutschland ergibt.
Hasskriminalität
Die Hasskriminalität ist im Jahr 2023 um knapp 50 Prozent auf 17.007 Fälle angestiegen. Ein Grund für die hohen Fallzahlen im Bereich der Hasskriminalität ist der Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten um 5.049 Straftaten im Vergleich zum Vorjahr. Der überwiegende Teil fremdenfeindlicher Straftaten (76,91 Prozent) wurde dem Phänomenbereich PMK -rechts- zugeordnet.
Hasskriminalität kurz erklärt
Unter Hasskriminalität versteht man kriminelle Handlungen, die mit einem Vorurteilsmotiv begangen werden. In der Definition des BKA heißt es dazu:
„Hasskriminalität bezeichnet politisch motivierte Straftaten, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und /oder er Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf:
- Nationalität
- Ethnische Zugehörigkeit
- Hautfarbe
- Religionszugehörigkeit/Weltanschauung
- sozialen Status
- physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung
- Geschlecht/geschlechtliche Identität
- Äußeres Erscheinungsbild
begangen wurde Straftaten der Hasskriminalität können - sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder - sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.“
Antisemitische Straftaten
Eine starke Steigerung verzeichnet die Statistik bei den antisemitischen Straftaten, die Teil der „Hasskriminalität“ sind. Sie nahmen um 95,53 Prozent zu und liegen nun bei einer Fallzahl von 5.164. Dabei zeigt sich, dass aktuelle Ereignisse Einfluss auf die Fallzahlen hatten. So wurden von Januar bis Oktober 2023 47,10 Prozent der Straftaten in diesem Unterthemenfeld erfasst. Ab dem 7. Oktober 2023, also dem Datum des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, wurden 52,90 Prozent der Delikte registriert. Der Anstieg ist originär auf Resonanzstraftaten, bezogen auf den Angriff der Hamas auf Israel, zurückzuführen. Hier zeigen sich die Auswirkungen dieses Konflikts auf die Sicherheitslage in Deutschland.
Straftaten im Kontext des Nahost-Konfliktes
Dass geopolitische Krisen Auswirkungen auf die Zahlen zur Politisch motivierten Kriminalität haben, zeigen die Delikte, die im Zusammenhang mit den Terroranschlägen gegen den Staat Israel von der Polizei registriert wurden. Lag die Zahl der Taten im Jahr 2022 noch bei 61, so ist diese Zahl nun auf 4.369 angestiegen. Dies bedeutet eine Zunahme um 7.062,30 Prozent. Knapp zwei Drittel dieser Straftaten (63,86 Prozent) wurden dem Phänomenbereich PMK -ausländische Ideologie- zugeordnet und 19,89 Prozent im Phänomenbereich PMK -religiöse Ideologie- registriert.
Straftaten gegen den Staat und seine Vertreter
Die Anzahl der Straftaten mit dem Oberangriffsziel „Staat“ ist gegenüber dem Vorjahr um 28,26 Prozent gesunken auf 15.050 Fälle. Zugenommen haben im Jahr 2023 jedoch die Angriffe auf Amts- und Mandatsträger: Hier verzeichnet die Statistik einen Anstieg um rund 29 Prozent auf rund 5.400 Staftaten.
Straftaten im Kontext „Klima und Umweltschutz“
Für das Jahr 2023 wurden insgesamt 3.303 politisch motivierte Straftaten in den Unterthemenfeldern „Klima“ und/oder „Umweltschutz“ im Oberthemenfeld „Ökologie/Industrie/Wirtschaft“ gemeldet. Dies bedeutet eine Steigerung um 92,48 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Im bundesweiten Vergleich wurden die meisten Delikte, nämlich 76,96 Prozent, dem Phänomenbereich PMK - links- zugeordnet.
Hass und Hetze im Netz
Politisch motivierte Kriminalität und insbesondere Hasskriminalität entstehen und beschleunigen sich häufig im digitalen Raum. Auch das zeigen die Zahlen: 2023 wurden rund 8.000 Straftaten unter Nennung des Tatmittels „Hassposting“ registriert – eine Steigerung um rund 136 Prozent gegenüber 2022.
Aufgaben des Bundeskriminalamtes
Im BKA sind die Abteilungen Polizeilicher Staatsschutz (ST) und Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus (TE) für die Bekämpfung des politisch motivierten Extremismus/Terrorismus zuständig. Sie nehmen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (BKAG) die Aufgaben als Zentralstelle der Polizeien in Deutschland im Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität wahr und legen zudem einen Fokus auf die Strafverfolgung einzelner Personen sowie die Erkennung und Zerschlagung extremistischer und terroristischer Netzwerke.
Bezogen auf den Bereich des internationalen Terrorismus nehmen die Abteilungen zudem Aufgaben im Rahmen der Gefahrenabwehr wahr. Außerdem legt die Abteilung Polizeilicher Staatsschutz einen Fokus auf die Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet. Dabei wird sie im BKA von der „Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet“, kurz ZMI, unterstützt.