- Datum:01. März 2004
- Typ:Polizei + Forschung
Köller, Norbert
Rieß, Michael
Sadorf, ErwinBand 26Jahrgang 2004Seiten 163Publikationsreihe Polizei + Forschung
Abstract:
Gutachtliche Schlussfolgerungen sind unter anderem dort anzutreffen, wo Untersuchungsergebnisse im Rahmen empirischer Wissenschaften und/oder subjektiven Erfahrungshintergründen zu bewerten sind. Um dabei die statistische Natur von Untersuchungsbefunden angemessen zu berücksichtigen, sind schlussfolgernde gutachtliche Sachverständigenaussagen in einigen Disziplinen nur in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen angezeigt. Ihre numerische Definition fördert sowohl die Transparenz für den Auftraggeber als auch die Reflektion über das Ergebnis beim Sachverständigen selbst. Die statistischen und wahrscheinlichkeitstheoretischen Grundlagen des notwendigen hypothesengeleiteten Vorgehens werden dargestellt, verbale Wahrscheinlichkeitsausdrücke mit ihren numerischen Definitionen vorgeschlagen und um Anwendungsbeispiele und Formulierungsvorschläge für die Praxis des Sachverständigen ergänzt. Die Autoren sind seit vielen Jahren in kriminaltechnischen Instituten deutscher Bundes- und Landesbehörden als Sachverständige tätig. Dort erstatten und vertreten sie Gutachten zur forensischen Handschriftenexpertise. Sie sind der Überzeugung, dass insbesondere der Bayes-Ansatz ein geeignetes logisches Modell zur Erlangung von subjektiven Wahrscheinlichkeitsaussagen darstellt. Das Bayes-Modell vermag zugleich die gesamte Struktur des Begutachtungsprozesses angemessen abzubilden. Wenn auch die forensische Handschriftenexpertise im Vordergrund steht, so sind die Autoren von der Übertragbarkeit des modellhaften Vorgehens bei der Begutachtung wie auch der Verbalkategorien der Wahrscheinlichkeitsausprägungen mit ihren numerischen Definitionen auf verschiedene Disziplinen der Sachverständigentätigkeit überzeugt. Dieser deutsch-englische Forschungsbeitrag soll die kollegiale Auseinandersetzung über die Grundlagen der täglichen Fallarbeit in den forensischen Wissenschaften fördern, auch um dadurch den hohen Anforderungen an den Sachbeweis zu entsprechen.